Unterwegs

Immer auf der Suche nach dem noch nicht Gesehenem

Vashlovani Dirt Road Trip

Der Morgen danach fühlt sich auch so an: Autositze sind zum Schlafen einfach untauglich. Es war zwar nicht wirklich kalt, aber Nässe und Wind machen den Morgen ziemlich unfreundlich. Die Sonne kommt nicht durch, die Wolken hängen tief. Es regnet nicht mehr, aber die Fahrt ist deutlich schwieriger geworden. Trotz Allradantrieb fährt es sich wie über eine Eisplatte, und bereits nach wenigen Kilometern drehe ich meinen ersten Kreisel. Das wird mir heute noch drei Mal passieren, irgendwann kriege ich dann den Dreh raus, wie ich den Wagen abfange, wenn ohne ersichtlichen Grund plötzlich Heck und Bug Platz tauschen wollen.

Vorsichtig geht es steile Wege auf und ab, und oft findet das Auto selbst seinen Weg: Die Spurrillen sind tief und der Schlamm so rutschig, dass ein Ausbrechen aus der Spur gar nicht möglich ist. Überschwänglicher Spaß am Offroad-Fahren wird heute zu höchster Konzentration. Irgendwann soll sich die Strasse gabeln, stattdessen stehen wir vor einer T-Kreuzung. Eigentlich wollen wir geradeaus weiter, aber den Weg gibt es nicht. Also fahren wir rechts, aber nach kurzer Zeit sind wir so dicht im Nebel, dass wir entscheiden, doch den anderen Weg zu nehmen.

Hier geht es einen engen, steilen Weg den Berg hinab zu einem verlassenen Bauernhof, und dann endlich wieder eben weiter, zwischen 2 Feldern gerade aus quer durch das Tal. In der Mitte dann ein Hindernis: geradeaus ist eine grosse Pfütze. Links herum sind Ausweichspuren von anderen Autos, aber ebenfalls durch tiefen Matsch. Ratlose Blicke. Umdrehen, diesen steilen Berg wieder hoch? Geradeaus durch die Pfütze, oder außen herum? Andere Optionen sind nicht da, nach der Pfütze ist eine Brücke über einen Bewässerungsgraben, da müssen wir drüber.

Ich entscheide mich für geradeaus, denn Kurve im Matsch ist schwierig. Mit Vollgas durch scheint die sinnvollste Wahl zu sein, aber die Reifen greifen nicht, und wir kommen nicht auf Geschwindigkeit. Zum Bremsen ist es zu spät, also durch!

Oder auch nicht durch, die Hinterreifen rutschen seitlich weg, und obwohl die Vorderreifen schon das andere Ende der Pfütze berühren, stecken wir fest. Vorwärts, rückwärts, außer Dreck herum zu schleudern passiert trotz Differentialsperre nichts mehr.

 

Es hilft nichts, ich muss aussteigen. Socken und Schuhe aus, Hose hochgekrämpelt, und schon stehe ich bis zu den Knien im Schlamm. Ein Mal ums Auto, und meine Hoffnung sinkt: Rechts hängen wir bis zur Türkante im Schlamm. Von der festeren Schicht sind wir nach rechts runter geschlittert, und als der linke Vorderreifen dann gegen einen Ziegelstein der im Matsch hängt gefahren ist, war es aus mit Vorwärts. Eine Stunde lang versuche ich zu graben, der Ziegelstein wird ausgebuddelt, Schieben hilft weder vor- noch rückwärts. Wir sitzen in der Mitte auf, da hilft einfach nichts. Bretter sind keine zur Hand, und selbst wenn, der Schlamm ist so klebrig und glitschig zugleich, es würde vermutlich nichts helfen.

Nachdem die nächsten Häuser mindestens einige Stunden Fussmarsch entfernt sind, und dass barfuss – denn mit Schuhen kommt man aus dem Auto nicht raus, hilft es nichts, ich muss den Notruf wählen. Nach längerem Hin- und Her und Verständnisproblemen, wo wir denn sind – mit den GPS-Koordinaten kann erst mal niemand etwas anfangen – verspricht die Dame uns Hilfe zu senden.

Nach fast vier Stunden in der Pfütze kommt ein Anruf, der Ranger sei auf dem Weg, ich soll noch mal genau beschreiben, wo ich stehe. Just in dem Moment kommt ein LandRover mit Soldat darin angefahren. Wortlos springt er raus, befestigt ein Seil am Pajero, und ruckzuck steht der wieder auf festem Grund. Der Soldat will gleich wieder wegfahren, ich reiche ihm noch kurz die Dame vom Notruf. Sie erklärt mir dann, ich solle noch stehen bleiben, für den Fall, dass der Soldat nun im selben Loch stecken bleibt. Doch der lehnt nur meinen zum Dank hingestreckten Geldschein ab, startet sein Auto, gibt Vollgas und ab durch das Schlammloch. Beinahe stellt es ihn auf, aber der Schwung reicht, und mit einem lauten Krachen der Federung landet er auf der anderen Seite. Und weg ist er, ohne ein Wort mit mir gewechselt zu haben. Wir werden wohl nie erfahren, woher er wusste, dass wir hier stehen, er war offensichtlich nicht vom Notruf geschickt worden. Sehr mysteriös! Die fast 40 Euro Telefonkosten für den Notruf hätte ich mir also unter Umständen sparen können.

 

Ich versuche mich irgendwie wieder sauber zu kriegen, aber der Schlamm ist so klebrig, das Zeug klebt wie Pattex. In Wechselhose und Crogs fahre ich weiter – Gabi weigert sich, das Steuer zu übernehmen. Ich hoffe, dass wir nicht wieder stecken bleiben, die Peinlichkeit, erneut den Notruf anzurufen, möchte ich gerne vermeiden.

Die Strassen werden nicht besser, und bald sind sie auch nicht mehr auf der Karte eingezeichnet. Wir navigieren nach Himmelsrichtung und Würfelglück, und nähern uns der gestern gefahrenen Piste bis auf einige hundert Meter. Dazwischen ist aber der Bach, und irgendwann ist wieder ein Hindernis. Links scheint es richtig zu sein, aber da kommen wir niemals durch – da geht es erst durch die Pfütze, und dann über einen steilen Buckel. Rechts vielleicht mit Glück, aber nach der schlammigen Pfütze biegt es scharf in die falsche Richtung ab, und es ist unklar, ob es überhaupt weiter geht. Ich versuche umzudrehen, aber die Reifen wollen nicht aus der Spur. Rückwärts fahren ist keine Option, denn da waren ein paar Pfützen, für die man Schwung braucht. Während ich schon überlege, ob wir nicht doch rechts abbiegen sollten, greift endlich ein Reifen, und ich kann über die Wiese umdrehen.

Wir fahren dann in einem weiten Bogen oben auf der Hügelkette – hier sind zwar noch ein paar Auf- und Abstiege zu bewältigen, aber endlich kommen wir wieder an der Furt in Kasristkali raus.

Abenteuer bestanden – wenn auch mit Cheat-Code. Gabi hat ein weiteres Level Dirt-Road-Trip mit Reifinger Adventure Tours hinter sich gebracht! Wenn man das mehrmals mitmacht ohne schreiend davon zu laufen, dann muss das Liebe sein!

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